Die Geschichte EUREKAs
von Frank Bossert
Geboren in Husum, einer Kleinstadt an der Nordseeküste, zog ich schon bald mit meinen Eltern nach Hamburg, wo ich im „Alten Land“ (eine ebenso unspektakuläre wie freundliche Gegend am Rande Hamburgs) umgeben von Apfelbäumen aufwuchs. Eine ziemlich glückliche Kindheit verlebend, war meine Beziehung zur Musik, die eines durchschnittlichen Teenagers. Ich hörte die Musik, die zu dieser Zeit um uns herum war, wie die Beatles und ABBA. Der wichtigste Impuls im Leben eines deutschen Jungen zu dieser Zeit war es ohnehin, so viele Stunden wie nur möglich auf dem Bolzplatz mit den Kumpels zu verbringen. Man erinnere sich an die Zeit vor der Einführung der Smartphones: Wir hatten ein richtiges Leben!
Es war der Versuch meines besten Kumpels, sich vor einem der üblichen Fußball-Nachmittage zu drücken, indem er mir Mike Oldfields „Platinum“ Album vorspielte, der alles änderte! Man kann wohl sagen, dass diese Platte der „Game changer“ war – ich war völlig entrückt von dem, was ich da hörte! Die Intensität von Oldfields Sound und die Art wie sein hypnotisches Gitarrenspiel einen in seinen Bann zog, öffnete mir die Tür zu einer völlig neuen Welt. Ich war angefixt! Jede Mark meines Taschengeldes wurde von nun an in Vinyl investiert. Da ich in Hamburg lebte, führten die Tourneen all der großartigen Bands direkt vor die Tür. Also bearbeitete ich meinen Vater, mich zu einem Konzert zu lassen – ich war ja erst 13!
Musik wurde die treibende Kraft in meinem Leben und ich wollte Teil davon werden – nicht nur zuhören! Ich war vierzehn, als ich mir bei der Obst-Ernte meine erste E-Gitarre verdiente, und natürlich bald darauf auch meine erste Band gründete. Wir waren drei Gitarristen in einer Band ohne Bassisten, als ich meine Fähigkeit entdeckte, das spielen zu können, was nötig war. Ich wechselte zum Bass. Der erste Schritt zum Multi-Instrumentalisten 🙂
Was folgte, waren die „Brian Adams – Those were the best years of my life“-Jahre. Wir lebten im Übungsraum, spielten unsere ersten richtigen Gigs und fanden heraus, wo man Streifenhosen bekommen konnte… Wir spielten in den klassischen Hamburger Clubs, wie dem Logo und dem Knust, und wurden eine richtig gute Band. Schön war‘s!
Als sich meine Band „Pyromantic“ auflöste, war es an der Zeit aufzubrechen. Ich zog 1993 in meine Geburtsstadt und baute mir mein erstes Studio. Ich war wild entschlossen, meine erste CD zu produzieren. Da ich als Multi-Instrumentalist mittlerweile recht unabhängig war, begann ich die Stücke für das erste Eureka-Album ganz allein aufzunehmen. Nur meine damalige Freundin bezog ich bei einigen Stücken in die Aufnahmen ein. Die Musik entwickelte sich zu einer Mischung aus progressivem Rock und keltischen Elementen – ziemlich ungewöhnlich zu der Zeit!
1997 war es dann soweit: Ich veröffentlichte das Erstlingswerk „Eureka“ in Eigenregie und verkaufte die erste Pressung noch größtenteils auf lokaler Ebene
Angespornt durch den Erfolg des Debut-Albums, wollte ich Eureka in eine noch konkretere Richtung weiterentwickeln. Ich arbeitete an Stücken, die auf komplexen, detaillierten Percussion-Arrangements basierten. Der Verzicht auf klassische Drums öffnete den Sound von Eureka für ein breiteres Spektrum und verlieh der Musik mehr Eigenständigkeit durch die World-und Ethno- Elemente, die nun Einzug fanden.
Durch die wachsende Qualität meiner Songs und meines Studios begünstigt, entwickelte sich das zweite Eureka Album „The Full Circle“ (2002) zu einem Klassiker und brachte dem Projekt erstmals nennenswerte Aufmerksamkeit in der Musikpresse. Die Tracks „Highland Sun“ und „Tempus Novum“ wurden auf zahlreichen Compilations veröffentlicht und bescherten Eureka nun eine gewisse Bekanntheit.
Tatsächlich konnte ich das erste Mal von den Einnahmen der Albumverkäufe leben. Aber am Horizont erschienen schon die Vorboten des Kopierens und später des Streamings!
Obwohl ich Eureka nicht als Live-Projekt geplant hatte, mehrten sich die Anfragen, also formierte ich eine Band aus befreundeten Musikern der Region. Wir begannen, die Musik der ersten zwei Alben auf die Bühne zu bringen und waren überrascht, wie sehr das Publikum die Musik liebte. Schöne Erinnerungen!
Da ich mich mit den Musikern der Live-Band sehr wohl fühlte, begann ich sie in die Aufnahmen am dritten Album einzubeziehen. „The Compass Rose“ entwickelte sich zu einem sehr farbenfrohen Mix aus Celtic- und World-Musik-Einflüssen. Es wurde im Sommer 2005 mit einem großen Release-Konzert vor dem Husumer Schloss veröffentlicht und bekam sehr viel positive Resonanz – auch aus dem Lager der Prog-Anhänger!
Am Ende desselben Jahres entwickelte sich eine lange schwelende Krise zwischen mir und der Mutter meines damals fünfjährigen Sohnes (zu der Zeit auch noch Sängerin bei Eureka) zu einem Tiefpunkt, an dem ich entschied, die Beziehung zu beenden. Ich suchte ein Haus für mich und meine neues Studio – nicht allzu weit entfernt, damit ich in der Nähe meines Sohnes sein konnte.
Beflügelt durch die Kraft eines neuen Lebensabschnittes und einer neuen Liebe (Raina wurde 2008 meine Frau – Love you so much, Baby!) nahm ich einen großen Brocken in Angriff, den ich seit langem in der Schublade hatte: Die Idee eines Konzeptalbums über die Endurance Expedition von Sir Ernest Shackleton!
Der Tatsache bewusst, eine Menge Arbeit vor mir zu haben, wollte ich sichergehen, so viele Menschen wie nur möglich mit dem Album zu erreichen. Ich entschied, das erste Mal mit einer Plattenfirma zusammenzuarbeiten und ein paar prominente Gastmusiker, wie Billy Sherwood von YES, Yogi Lang von RPWL und Troy Donockley von Nightwish für die Platte zu gewinnen. Als die Kirsche auf der Sahne erwarb die Plattenfirma sogar die Rechte an den Fotos des damaligen Expeditionsfotografen, Frank Hurley, die im Artwork des 20-seitigen Booklets zur CD verwendet wurden.
„Shackleton‘s Voyage“ erschien beim renommierten InsideOut-Label im Juni 2009 und bekam eine Menge Aufmerksamkeit in der progressiven Musik-Szene. Es wurde weltweit mit teils überschwänglichen Rezensionen gefeiert. Geoff Barton/Classic Rock Magazine: „Superbly atmospheric – just slipping this CD into the slot will likely give you frostbites!“
2010 entschied ich mich, einen Schritt zurückzutreten, um einmal auf das große Ganze zu schauen. Ich veröffentlichte eine Zusammenstellung aus Highlights der ersten vier Eureka Alben mit dem Titel „Silverware – The Best Of Eureka 1997-2010“. Drei der Stücke wurden von mir für die Compilation neu aufgenommen und ein Stück (in einer frühen Version) des kommenden Albums vorveröffentlicht. Abgerundet wurde das Album durch ein mit Anekdoten gespicktes 20-Seiten-Booklet.
Danach begann ich intensiv am neuen Album „Great Escapes“ zu arbeiten. Es ist das erste richtige Rock-Album unter dem Eureka-Banner und das erste, bei dem ich alle Songs selbst eingesungen habe! Es ist das persönlichste und energetischste Album, an dem ich bisher gearbeitet habe.
Der Song „Stolen Child“ ist meinem Sohn gewidmet. Er handelt von der durch seine Mutter forcierten Entfremdung zu mir. Ich hoffe, damit dieses Thema („Entsorgte Väter“/Parental Alienation Syndrome) mehr in die Öffentlichkeit zu tragen. Ein Verbrechen, das mitten unter uns und doch im Verborgenen stattfindet!
Im Song „Animated World“ geht es um die Amokläufe der jüngeren Vergangenheit und das immer gleiche Muster, das dahintersteckt. Ein weiterer Höhepunkt ist sicherlich der Longtrack „The Big Picture“, ein zehnminütiger Rausch im 7/4-Takt.
Der rote Faden, der alle Songs des Albums verbindet, ist das Thema Flucht. „Great Escapes“ handelt von den unterschiedlichen Wegen, auf denen wir versuchen, dem zu entkommen, was uns unglücklich macht.
Video-Dreh zu “Animated World”